Entschädigung bei Flugverspätung: Das müssen Sie wissen

Wenn das Flugzeug Verspätung mit sich bringt, sollte man als Fluggast seine Rechte kennen. Wann steht einem eine Erstattung zu? Und in welcher Form stehen dem Fluggast Entschädigungen zu? Wir haben Antworten.

Was ist eine Flugverspätung und welche Rechte habe ich als Fluggast?

Seit Februar 2005 gilt die aktuelle Fluggastrechte-Verordnung, die dafür sorgt, dass man bei Verspätungen von Fluggesellschaften Entschädigungen erhält. Dabei sollte man als Fluggast bereits am Flughafen über einige Informationen verfügen, die bares Geld bedeuten können. Die erste Frage, die man sich in dem Zusammenhang stellen sollte: Ab wann gilt eine Verspätung und woran lässt sich diese bemessen?

Das Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass die Bemessung einer Flugverspätung im Moment der Ankunftszeit liegt. Wenn der Flieger mindestens eine Tür geöffnet hat und die Passagiere die Maschine auch tatsächlich verlassen können. Da es sich bei den Entschädigungen und Erstattungen um Minuten handeln kann, raten wir dazu, alles mit der Handykamera zu dokumentieren. Klingt kleinlich, kann aber einige hundert Euro Unterschied ausmachen.

Daher der erste Tipp: Die Anzeigetafel am Flughafen abfotografieren oder ein Foto mit Zeitstempel der geschlossen bzw. offenen Tür des Flugzeugs machen. Es reicht übrigens nicht, wenn eine Airline mit dem Aufsetzen des Flugzeugs auf der Landebahn argumentiert. Erst wenn die Maschine tatsächlich verlassen werden kann, kann man nach dem EuGH von Ankommen sprechen.

Voraussetzungen für Entschädigungen:

  • Der Gast hat rechtzeitig eingecheckt (bis 45 Min. vor Abflug).
  • Die Fluggesellschaft ist verantwortlich für die Verspätung.
  • Der Flug ist in der EU gestartet oder gelandet (die Airline hat ihren Sitz in der EU).
  • Entschädigungen stehen sowohl Urlaubern wie auch Dienstreisenden zu.

Wann erhalte ich eine Entschädigung und Schadensersatz?

Ab 3 Stunden Verspätung stehen dem Fluggast, nach dem EU-Fluggastrecht, zwischen 250 € und 600 € Entschädigung zu sowie Verpflegungsleistungen am Flughafen zu.

Voraussetzung: Die Fluglinie selbst muss an der Verspätung die Schuld tragen. Ist hingegen ein Unwetter verantwortlich, fällt das unter außergewöhnliche Umstände und es kann keine Entschädigung geltend gemacht werden.

Zu den Entschädigungen: Bei einer Entfernung von bis zu 1.500 km (Kurzstrecke) stehen dem Fluggast ab einer Verspätung von 3 Stunden 250 € zu. Auch dann, wenn der Flieger den Passagier letztendlich gar nicht befördert. Bei allen Flügen innerhalb der EU ab 1.500 km (Mittelstrecke) und ab 3 Stunden Verspätung können bereits 400 € geltend gemacht werden. Bei Flügen außerhalb der EU und ab 3.500 km (Langstrecke) können für 3-4 Stunden Verspätung 300 € gefordert werden, bei über 4 Stunden sind es sogar 600 €.

Diese Ansprüche können bis zu 3 Jahre rückwirkend eingefordert werden.

Wichtig: Das europäische Fluggastrecht gilt ausschließlich dann, wenn der Flug in der EU startet oder in der EU landet und die Fluggesellschaft ihren Sitz auch in der EU hat.

Die Entschädigung steht immer dem Fluggast zu, auch wenn es sich um eine Dienstreise handelt und das Ticket durch die Firma bezahlt wurde. Der Schadensersatz steht dem Passagier zu, der den Schaden erlitten hat.

Und diese Entschädigungen stehen während der Wartezeiten an:

Entfernung Wartezeit Entschädigung
Kurzstrecke ab 2 Stunden Getränke, Snacks, Mails, 2 Telefonate
Mittelstrecke ab 3 Stunden Getränke, Mahlzeiten, Mails, 2 Telefonate
Langstrecke ab 4 Stunden Getränke, Mahlzeiten, Mails, 2 Telefonate

Unabhängig von der Strecke darf man ab 5 Stunden Verspätung vom Flug zurücktreten. Die Fluggesellschaft ist dazu verpflichtet, die Kosten vollständig zu erstatten oder eine andere Art der Beförderung zum Bestimmungsort zu finden. Ansonsten muss der Transport zum Ausgangspunkt organisiert werden.

Wird der Flug auf den nächsten Tag verschoben, steht dem Fluggast eine Hotelübernachtung inklusive Hin- und Rückfahrt zum Flughafen zu. Am besten man lässt sich das alles schriftlich geben.

Wenn die Fluggesellschaft nicht zahlen will...

Apropos schriftlich: Manche Fluggesellschaften kommen der Zahlungspflicht nicht nach und versuchen die Fluggäste mit Gutscheinen zu vertrösten, die nicht einmal annähernd an die Entschädigungszahlungen heranreichen. Zudem versuchen manche Airlines, sich eine Verzichtserklärung für weitere Ansprüche unterschreiben zu lassen. Bitte nichts unterschreiben! Sonst könnt ihr keine Entschädigung mehr geltend machen.

Möchte die Fluggesellschaft nicht für die Entschädigung aufkommen, man aber sicher im Recht ist, kann man einen Rechtsanwalt einschalten. Die Kosten werden ebenfalls von der Fluggesellschaft getragen, wenn der Anspruch auf eine Erstattung besteht und es notwendig war, einen Rechtsbeistand einzuschalten, um dieses Recht durchzusetzen. Sind diese Punkte gegeben, bleiben die Kosten für den Rechtsanwalt nicht am Fluggast hängen.

Hat man den Urlaub über einen Reiseveranstalter gebucht und es kommt zu Flugverspätungen von mindestens 3 Stunden, kann man die Entschädigungen auch beim Veranstalter geltend machen. Allerdings liegt hier die Schadensersatzzahlung unter dem, was man bei der Fluggesellschaft geltend machen kann. Denn der Reiseveranstalter würde sich hierbei an der »Frankfurter Tabelle« und nicht etwa der »Fluggastrechteverordnung « orientieren.

Daher unser Tipp: Direkt die Fluglinie kontaktieren und nicht den Reiseveranstalter. Wenn durch die Flugverspätung für den Fluggast Folgeschäden in Form von verpassten Terminen bei Dienstreisen entstehen, werden nach dem Montrealer Abkommen und §§ 280 und 281 BGB Ansprüche geltend gemacht. Nach Artikel 12 der Fluggastverordnung bestehen Ansprüche nicht nur für materielle, sondern auch für immaterielle Schäden. Die Schadensersatzzahlung kann somit bis zu 6.000 € ausmachen.

Achtung: Je komplizierter der Fall ist, desto eher lohnt es sich, einen Fachanwalt einzuschalten, der die Kommunikation mit der Fluglinie sowie die konkrete Berechnung des individuellen Schadensersatzes übernimmt.

Wann steht dem Passagier keine Entschädigung zu?

Es gibt viele Fälle, in denen den Passagieren keine Entschädigung durch Flugverspätungen zusteht. Hier eine Auflistung:

  • Flug hat weniger als 3 Stunden Verspätung.
  • Wenn die Fluglinie 14 Tage im Voraus über eine Annullierung informiert hat.
  • Wenn der Fluggast nicht zeitig eingecheckt hat (spätestens 45 Minuten vorher).
  • Der Flug länger als 3 Jahre zurückliegt.
  • Wenn ein kostenloser oder reduzierter Tarif genutzt wurde, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist.
  • Wenn Kinder kostenlos und ohne eigenes Ticket befördert wurden.
  • Wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, wie beispielsweise schlechtes Wetter, Sicherheitsrisiken, Vogelschlag, Maus an Bord, (wilder) Streik, PC-Ausfall am Terminal.

Wie ist der Entschädigungsanspruch bei Dienstreisen geregelt?

Gerade für Dienstreisende mit einem vollen und gut strukturierten Terminplan sind Flugverspätungen mehr als nur ein Ärgernis. Der Arbeitsablauf gerät durcheinander, Termine müssen verschoben oder gänzlich gestrichen werden, Umsätze werden eingebüßt. Für den Arbeitgeber heißt das, dem Mitarbeiter die Überstunden zu bezahlen und in dringenden Fällen eine alternative Reiseroute zu suchen und die zusätzlichen Reisekosten zu tragen. Der Stress bleibt aber am Arbeitnehmer hängen, und deswegen wird er und nicht etwa sein Arbeitgeber von der Fluglinie entschädigt.

Denn die Fluggastrechteverordnung sieht vor, die betroffenen Fluggäste zu entschädigen und nicht etwa denjenigen, der für die Reise finanziell aufgekommen ist.

Ausnahme: Der Arbeitgeber verlangt von seinem Mitarbeiter, die Entschädigung an ihn abzutreten. Das ist bei großen Firmen üblich und bei all jenen rechtens, die das in den Reiserichtlinien oder sogar im Arbeitsvertrag festgelegt haben.

Wie wird die Entschädigung für eine Flugverspätung berechnet?

Wie bereits geklärt, entsteht das Recht auf Entschädigung bei einer Flugverspätung von mindestens drei Stunden. Für die Berechnung ist der Zeitpunkt der Ankunft am Ziel entscheidend. Nicht der Moment der Landung, sondern der Moment, in dem die Maschine auch verlassen werden kann. Die Fluggastverordnung setzt dafür das Öffnen der Türen als korrekten Zeitpunkt an. Also ist nicht etwa die Abflugzeit, sondern die Ankunftszeit relevant.

Flugzeugverspätung – so holt man sich Hilfe und sein Geld zurück

Obwohl den Fluggästen eine Entschädigung bei einer Flugverspätung zusteht, scheuen manche Reisenden die Inanspruchnahme. Meist, weil sie einfach nicht wissen, worauf sie achten sollen. Daher hier eine Auflistung aller Unterlagen, die man bei einer Beantragung einer Entschädigung vorlegen sollte:

  • Flugticket
  • schriftliche Bestätigung der Flugverspätung
  • mögliche Belege für Ausgaben aufgrund der Verspätung, z. B. Hotel
  • Angabe des Grundes für die Verspätung (schriftlich geben lassen)

Die Entschädigungsforderung richtet man an die Fluglinie, nicht an den Reiseveranstalter. Dieser sollte allerdings eine Kopie des Antrags erhalten. Die Forderung reicht man schriftlich mit allen Unterlagen ein, am Besten mit dem Benennen einer Antwortfrist von 14 Tagen. Ein Satz, der dabei den ein oder anderen Fluggast schon weitergebracht hat: "Bei Nichtbeantwortung wird rechtlicher Beistand hinzugezogen".

Wem das zu viel Aufwand ist, der kann von Anfang an von einem rechtlichen Beistand profitieren. So gibt es mittlerweile viele Firmen, die sich auf Flugverspätungen spezialisiert haben und dem Fluggast dabei helfen, seine Forderungen geltend zu machen. Eine solche Firma kümmert sich um die Kommunikation mit der Fluglinie, was häufiger zum Erfolg führt, als wenn eine Privatperson nach einer Entschädigung fragt. Für den Aufwand nehmen die entsprechenden Dienstleister eine Provision von ca. 30%.

Das Gute daran: Der Fluggast muss keinerlei Kosten aus eigener Tasche tragen und vergütet den Beistand durch die Provision, die von der Entschädigung abgebucht wird. Eine Googlesuche hilft beim Finden der entsprechenden Anbieter. Dasselbe gilt für Musterbriefe, die findet man im Internet zuhauf und muss nicht viel Zeit auf das korrekte Formulieren und Zusammentragen der Informationen verschwenden. Es gibt also viele Möglichkeiten, um als Fluggast sowie als Dienstreisender eine Entschädigung bei einer Flugverspätung geltend zu machen. Manche sind zeitaufwändiger, andere sehr simpel.

Nur eins sollte man nicht tun: Auf der Verspätung sitzenbleiben.

Auf einen Blick:

  • Ab 3 Stunden Flugverspätung stehen dem Fluggast zwischen 250 - 600 € zu.
  • Die Fluggesellschaft muss nicht zahlen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen.
  • Die Airline muss ab 2 Stunden Verspätung für Verpflegung und Kommunikation sorgen.
  • Beim Abflug einen Tag später stehen dem Gast Unterkunft und Transfer zu.
  • Wurde der komplette Flug gestrichen, gelten andere Regelungen: Flugannullierungen

Was ist die EU-Verordnung 261?

Die EU-Verordnung 261 ist auch besser bekannt als Fluggastrechteverordnung 261/2004 und regelt die Rechte der Fluggäste in der EU. Sie beinhaltet eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall einer Flugverspätung, einer Nichtbeförderung und bei Annullierung eines Fluges. Diese Verordnung klärt, welche Unterstützungs- und Entschädigungsleistungen Fluggesellschaften gegenüber ihrer Gäste haben, wenn folgende Probleme aufkommen:

  • Flugverspätung
  • Flugausfall
  • Flugüberbuchung
  • verpasster Anschlussflug

Dabei greift diese Verordnung bei allen Flügen, die innerhalb der EU starten, egal wo die Fluglinie ihren Hauptsitz hat. Ebenfalls greift die Verordnung bei allen Flügen, die in der EU landen, vorausgesetzt diese Linie hat ihren Hauptsitz innerhalb der EU.